Joceline ist eine LARP Kanone, angelehnt an ein Burgundisches Kammergeschütz aus dem späten 15. Jahrhundert. Die Eidgenössichen Truppen konnten in den Burgunderkriegen vor allem bei Grandson hunderte davon erbeuten.
Auf Wikipedia habe ich eine nettes Video eines Kammergeschützes mit etwas Erklärung gefunden.
Eckdaten
Joceline wurde so entworfen, dass sie zerlegt gerade noch in mein Auto passt. Sie lässt sich in Unterlade, Oberlade, Richthorn, Achse, Räder und Flug (Rohr) zerlegen. Zum Zubehör des Geschützes gehören Kammern, Setzer, Wischer, Zugjoch, Wasserkübel, eine Geschützkiste und Pulverkisten. Das längste Teil, die Unterlade, ist 1.99m lang. Einsatzbereit wiegt das Geschütz ca. 92kg, dazu kommen knapp 20kg Zubehör. Das ergibt einen Kilopreis von ca. 15 Franken ;)
Konstruktion und Bau
Joceline ist in Kastenbauweise aufgebaut. Die wesentlichen Holzteile, Unter- und Oberlade sowie die Achse, sind hohl bzw. im Falle der Unterlade mit Bauschaum ausgeschäumt. Die Achse ist aus einem 12x12cm Weisbuchenstück gedrechselt und verkastet (fast schade um die schöne Weissbuche). Der Flug und die Kammern sind doppelwandig aus PVC-Rohren ausgeführt, der Zwischenraum ebenfalls ausgeschäumt. Das zentrale metallene Richthorn aus rostendem 6mm Stahl wird in der Unterlade arretiert, führt durch die Oberlade und weist alle 3 Grad ein Richtloch auf.
Aussicht
Was noch fehlt sind die Beschläge.
Bild: Ralf Hüls (siehe auch das Hintergrund Bild)
Baufotos
Bilder: Kendra, Hifu
LARP-Handhabung
Damit ich es selber nicht vergesse und damit sich andere Geschützmannschaften ein Bild machen können, habe ich versucht die Handhabung von Joceline aufzuschreiben. Es ist erstaunlich wieviele Personen für die Bedienung nötig oder nützlich sind. Ohne einen gewissen Grad an "militärischer" Ordnung geht es nicht. Es müssen um die sechs Personen zusammen arbeiten um das Geschütz zu operieren. Jeder muss seine Aufgabe und Handgriffe kennen damit der Ablauf nicht ins Stocken gerät und das ganze Fähnlein dahin scheidet. Mit einem Kammergeschütz kann eine relativ hohe Kadenz erreicht werden. Ein bis zwei Schuss pro Minute ist bei einem eingespielten Fähnlein kein Problem.
Geschützmannschaft
Als Geschützmannschaft eignen sich sechs Personen wunderbar: Der Geschützmeister, der Richter, der Setzer, der Wischer, der Pulvermeister und der Schütze. Mit weniger Personen wird das Prozedere langwieriger und der Transport umständlich. Zudem wird das Geschütz mit verlusten in der Mannschaft schnell inoperabel oder zumindest "stationär". Der Geschützmeister befehligt die Geschützmannschaft. Er bestimmt Ort, Einsatz und Ziele.
Stellungsbezug
In der Stellung steht das Geschütz zu vorderst, links und rechts davon der Setzer und Wischer. Hinter dem Geschüz befindet sich die Geschütz- und Pulverkisten der Pulvermeisters. Das Zugjoch wird ausgehängt und unter das Geschütz gelegt, wo es niemandem in den Weg kommt. Bei anstehendem Einsatz richtet der Richter selbstständig "Null", die Position der Oberlade, die der Waagerechten am nächsten kommt, und der Schütze bereitet die Lunte vor.
Schiessen
Beim Kommando "Laden" setzt der Pluvermeister eine geladene Kammer ein und verkeilt sie. Danach führt der Setzer die Kugel (Schaumstofftennisball) ein und verdämmt (rammt) die Ladung. Der Schütze hällt sich nun mit der Lunte zum Zünden bereit. Der Richter richtet das Geschütz nach Ansage des Geschützmeisters seitlich und in der Höhe aus. Ausgangslage ist "Loch Null". Von dort aus misst der Richter die Position beim Kommando "Richten" ab. Bei "drei Hoch" ist die Position am Richthorn um drei Löcher nach unten versetzt, die Mündung zeigt entsprechend nach oben. Auf Kommando "Feuer" zündet der Schütze die Ladung. Sofort nach Schussabgabe wischt der Wischer das Rohr und der Pulvermeister entfernt danach die leere Kammer. Damit sind die Rückstände des Knallkörpers in der Kammer und können vom Pulvermeister diskret entsorgt werden.
Verschieben
Bei Kommando "Bereit machen zum Verschieben" wird das Geschütz und das Material zum Transport vorbereitet: Die Oberlade wird im untersten Loch arretiert, alle Kammern in der Geschützkiste verstaut und das Zugjoch zum einhängen bereit gelegt. Stellungswechsel wird durch das Kommando "Verschieben" eingeleitet. Der Setzer und Wischer tragen ihr Werkzeug und die Geschützkiste. Der Pulvermeister behändigt sich der Pulverkisten während der Geschützmeister die Lampe des Schützen übernimmt. Der Richter und der Schütze hängen das Zugjoch ein und ziehen das Geschütz hinter der Geschütkiste her. Danach siehe "Stellungsbezug" oben :)
Bezeichnungen
Ich suche noch immer die korrekten Bezeichnungen für alle Teile und Funktionen. In folgender Liste zum aktuellen Stand. Korrekturen, Hinweise und Ergänzungen nehme ich gerne entgegen.
Geschütz und seine Teile
- Lafette
- Das rollbare Gestellt des Geschützes, bestehend aus Unterlade, Oberlade, Achse, Rädern und Richthorn.
- Unterlade
- Der Ausleger, der von der Achse nach Hinten auf den Boden reicht.
- Oberlade
- Die Schwenkbare auflage des Kanonenrohres.
- Richthorn
- Das Horn zum ausrichten der Geschützneigung und feststellung derselben.
- Flug
- Bei einem Kammergeschütz, der vordere Teil des Laufes, der an der Oberlade befestigt ist
- Kammer
- Einsetzbare Pulverkammer.
- Zugjoch / Joch
- Ca. 1m langer Stock in dessen Mitte ein Haken zum ziehen des Geschützes angebracht ist.
- Wischer
- "Mopp" zum feucht auswischen des Fluges.
- Setzer
- Stock zum verdichten/verdämmen der Ladung.
Funktionen
- Geschützmeister
- Der "Chef" und Kommandant des Geschützes und seines Fähnleins.
- Schütze
- Verantwortlich für Lampe, Lunte und Feuer.
- Pulvermeister
- Verantwortlich für das Pulver und Kammern.
- Richter
- Verantwortlich für das Richten (Zielen) des Geschützes.
- Wischer
- Verantwortlich für Sauber gewischte Kanone nach dem Schuss.
- Setzer
- Verantwortlich für das Laden das Verdämmen und zusammen mit dem Wischer für das Laden des Geschosses.
Andere Geschütze
- Wilmaa Bau, Unter Ahlfelds Fahne